6. Auf neue Entwicklungen reagieren

Die technische Entwicklung der digitalen Medien schreitet schnell voran. Auch in der Fremdsprachendidaktik wird laufend überlegt, ob und wie die technischen Entwicklungen für das Lernen nutzbar gemacht werden können. An einigen Stellen haben digitale Medien sehr schnell Einzug in den Deutschunterricht gehalten – Recherchen im Netz zu vielfältigen Themen sind in vielen Klassenzimmer der Welt fester Bestandteil des Deutschunterrichts; die Arbeit mit YouTube-Videos findet sich häufig; der Griff zu Online-Wörterbüchern ist bei vielen Lernenden, die Smartphones haben, fast schon eine Selbstverständlichkeit; kaum ein Lehrwerk bietet nicht auch irgendeine digitale Komponente an usw.

In den meisten Fällen entscheiden sich Lehrende für den Einsatz von digitalen Medien, weil sie es didaktisch für sinnvoll halten und nicht (nur) deshalb, weil man es mit digitalen Medien anders machen kann als vorher. Sie folgen also dem Primat des Didaktischen: Sie sind durchaus offen für Neuheiten und gleichzeitig skeptisch genug. Nur weil ein neues Medium vorhanden ist, schließen sie daraus nicht automatisch, dass man es auch sinnvoll in den Unterricht integrieren kann. Stattdessen prüfen sie, ob es für das Erreichen von Zielen, die das Fremdsprachenlernen im Einzelnen ausmachen, für die Zielgruppe und den Kontext, in dem sie unterrichten, geeignet ist. Da der Einsatz digitaler Medien zu Beginn oft mit einem Mehraufwand verbunden ist, wird zudem häufig gefordert, dass es einen deutlichen Mehrwert geben muss im Vergleich mit der Art und Weise, wie die Ziele vorher erreicht worden sind. Auch das ist gerechtfertigt.

Gleichzeitig birgt die Forderung nach dem Primat des Didaktischen auch eine Gefahr: Nämlich die, die digitalen Medien nur in ihrer dienenden Funktion für den Deutschunterricht, wie man ihn „schon immer gemacht hat“, zu sehen. Damit versäumt man, in Zusammenhang mit der weltweit voranschreitenden Digitalisierung auch darüber nachzudenken, wie diese den Fremdsprachenunterricht verändert hat, verändern kann und verändern wird. Dazu gehört auch, dass sich die Rolle der Lehrenden verändert: Lehrende werden die Lernprozesse der Lernenden in Zukunft wahrscheinlich immer mehr begleiten und immer weniger komplett steuern.