Stellungnahme des Präsidiums zum Umgang mit textgenerierenden künstlichen Intelligenzen in Studium und Lehre der Universität Jena
Liebe Mitglieder und Angehörige der Universität,
die textgenerierende künstliche Intelligenz (KI) Chat-GPT ist in der Lage, auch längere Fachtexte zu wissenschaftlichen Themen zu verfassen, die oft nicht von geschriebenen Texten menschlicher Fachleute zu unterscheiden sind. Auch wurde gezeigt, dass Chat-GPT sogar Teile von Abschlussprüfungen an Universitäten erfolgreich absolvieren konnte.
Diese technologische Entwicklung birgt sowohl Chancen als auch Risiken für Forschung und Lehre an Universitäten. Zum einen können sprachlich ausgereifte repetitive Recherchearbeiten, Zusammenfassungen oder Gebrauchstexte in Zukunft durch generative KI effizient erstellt werden. Zum anderen können auch klassische asynchrone Prüfungsformate wie zum Beispiel Hausarbeiten obsolet werden, weil Studierende textgenerierende KIs zum Verfassen ihrer Arbeiten benutzen können, ohne die geforderte Eigenleistung zu erbringen.
Nach derzeitigem Stand widerspricht eine undeklarierte Verwendung von KI-generierten Texten in Hausarbeiten und Abschlussarbeiten allerdings der von Studierenden abzugebenden Eigenständigkeitserklärung und käme damit einer Täuschung gleich, die bei Entdeckung sanktioniert würde.
Allerdings fällt der konkrete Nachweis einer Nutzung von KIs schwer, weil gängige Werkzeuge zur Entdeckung von Plagiaten durch Textvergleiche nicht mehr ausreichen werden. Zwar existieren erste Werkzeuge zur Erkennung von KI-generierten Texten, doch geben diese bestenfalls die Wahrscheinlichkeit an, dass ein Text KI-generiert wurde und halten, zumindest derzeit, wahrscheinlich einer rechtlichen Auseinandersetzung nicht stand.
Diese technologische Entwicklung fordert Universitäten dazu heraus, sich über Grenzen und Reichweite der Integration von KI in Studium und Lehre zu verständigen. Dieser Prozess schließt insbesondere ein Nachdenken über zukunftsfähige Prüfungsformate und zu vermittelnde Kompetenzen im Umgang mit KI ein.
Mehr noch, mit leistungsstarken und flexiblen KIs stellen sich auch grundlegende gesellschaftliche Fragen zur Verdrängung menschlicher Erwerbsarbeit und der notwendigen Anpassung betroffener Lebensmodelle. Die Transparenz, Überprüfbarkeit und Diskriminierungsfreiheit des Einflusses der Entscheidungen und Kommunikation von KI auf das menschliche Leben erfordern neue ethische und juristische Normen.
Klar ist auch, dass die beeindruckende Leistungsfähigkeit von Chat-GPT nur der Anfang einer beschleunigten Entwicklung immer leistungsfähigerer KIs ist. Wir erwarten KIs, die in immer mehr Lebensbereichen der menschlichen Leistungsfähigkeit ebenbürtig sein werden oder diese sogar übersteigen. Eine simple reflektorische Auseinandersetzung mit dem Status quo ist daher nicht ausreichend.
Vor diesem Hintergrund wird die Universität Jena in den nächsten Monaten einen partizipativen Prozess der Auseinandersetzung über den Umgang mit textgenerierenden künstlichen Intelligenzen anstoßen. Weiterbildungen und regelmäßige Schulungen der Studierenden, Lehrenden und Mitarbeitenden zu den Grundlagen, Fähigkeiten und der verantwortungsvollen Nutzung von KIs müssen die Basis für den zukünftigen Diskurs an der Universität Jena darstellen. Mit Beteiligung von Studierenden und Beschäftigten werden wir dazu zeitnah Handlungsempfehlungen ausarbeiten.
Mit besten Grüßen
Das Präsidium der Friedrich-Schiller-Universität Jena