DiLe Deutsch - Digitale Lerngemeinschaften zur kohärenten Lernbegleitung im Jenaer Modell der Lehrerbildung.
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Basislernfeld: Lesekompetenz diagnostizieren
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Willkommen zum Thema Lesekompetenz diagnostizieren
Lesen gilt als zu vermittelnde Kernkompetenz des Deutschunterrichts. Doch was heißt das eigentlich: Lesen können? PISA zeigt, dass Sekundarschullehrkräfte nicht davon ausgehen können, dass Ihre Schülerinnen und Schüler bereits als kompetente Lesende in Ihren Unterricht kommen. Entsprechend gilt es, fortwährend den Lernstand der Lernenden einzuschätzen und weiterzuentwickeln.
In diesem Lernfeld erfahren Sie, wie Sie Lesekompetenz bei Ihren Schülerinnen und Schülern diagnostizieren können. Zu diesem Zweck lernen Sie u.a. das Mehrebenenmodell von Rosebrock/Nix (2008) kennen und anzuwenden. Dieses Modell gibt auch Hinweise zu geeigneten Fördermaßnahmen, die jedoch nicht im Zentrum dieses Lernfeldes stehen sollen. Die Förderperspektive findet im Lernfeld zum "Textverstehen" größere Aufmerksamkeit.
Wir haben eigens für das Projekt DiLe Schülerinnen und Schüler gebeten, einen gängigen schulischen Text für uns vorzulesen und zu kommentieren. Als Textgrundlage dafür diente Schillers Ballade „Der Handschuh“. Den Primärtext können Sie hier zunächst abrufen bzw. einsehen.
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1. Einstieg
Zum Einstieg in dieses Lernfeld bitten wir Sie, sich die beiden folgenden Audiodateien anzuhören. Es handelt sich um die Lesebeiträge von zwei Lernenden aus Klasse 7. Richard und Theres (Pseudonyme) wurden gebeten, den ihnen bisher unbekannten Text „Der Handschuh“ vorzulesen. Zu diesem Zweck bekamen sie die Ballade strophenweise am Bildschirm präsentiert.
Uns interessiert, wie Sie die Lesekompetenz der beiden einschätzen. Bitte machen Sie sich dazu Notizen. Sie können z. B. auch Noten vergeben, müssen es aber nicht. Wichtig ist Ihr Worturteil über die Leseleistung (Was sagen die Lesebeiträge Ihrer Meinung nach über die Lesekompetenz von Richard und Theres aus?).
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2. Wissenserwerb
Fiel es Ihnen leicht oder schwer, die Lesebeiträge von Richard und Theres einzuschätzen? Der erste Leseeindruck kann trügerisch sein. Und eine Beobachtung ist nicht gleichzusetzen mit Diagnose (mehr zum Diagnose-Begriff im (Literatur-)Unterricht erfahren Sie hier).
Wir möchten Ihnen in diesem Teil des Lernfeldes, der sog. "Wissenserwerbsphase", das „Mehrebenenmodell des Lesens“ von Rosebrock/Nix (2008) als Instrument zur Diagnose von Lesekompetenz vorstellen. Dieses „Tortenstück“ kann Sie unterstützen, die Lesekompetenz Ihrer Schülerinnen und Schüler auf verschiedenen Ebenen einzuschätzen:
Abb.: Das Mehrebenenmodell des Lesens von Rosebrock/ Nix (2015[2008]: 15)
Lassen Sie uns das aktuell prominenteste fachdidaktische Modell von Lesekompetenz wie ein gutes Dessert genießen: Stück für Stück. Dazu gliedern wir diese Wissenserwerbsphase in drei Teile, die wir Sie bitten, chronologisch, wie aufgeführt, zu durchlaufen:
1. Lautes Denken zum „Handschuh“ – Ein Blick in den Kopf unserer Lesenden? Die Prozessebene des Lesens
2. Lesen als Teil unserer Sozialisation: Die Subjekt- und die soziale Ebene von Lesekompetenz
3. Leseleistung diagnostizieren: Das Konstrukt der Leseflüssigkeit
Wir wünschen Ihnen spannende Einblicke in das Konstrukt von Lesekompetenz, das wir auch unseren Studierenden in der Fachdidaktikeinführung vermitteln.
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2.1 Lautes Denken zum „Handschuh“ – Ein Blick in den Kopf unserer Lesenden? Die Prozessebene des Lesens
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Bitte schauen Sie sich zunächst dieses Video zur Vorbereitung an.
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Noch ein Hinweis vorab: Die im Video beschriebenen Verstehensanforderungen der Ballade werden zwar mündlich vorgetragen, sind jedoch keineswegs so spontan wie die Laut-Denk-Äußerungen der Schüler:innen zu Beginn des Lernfeldes einzuordnen. Dieses Video agiert zwar textnah, bezieht jedoch vorhandene Forschungsliteratur in die Analyse mit ein.
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2.2 Lesen als Teil unserer Sozialisation: Die Subjekt- und die soziale Ebene von Lesekompetenz
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Der große Mehrwert des Mehrebenenmodells besteht in den verschiedenen zusammenhängenden Ebenen. Was soll das heißen?
Anders als z. B. Lesekompetenz bei PISA meint Lesen-Können nach Rosebrock/ Nix nicht nur kognitiv inhaltliche Zusammenhänge in einem Text herstellen zu können, sondern auch, motiviert zu sein, einen Text zu lesen, sich selbst als Leser bzw. Leserin zu begreifen oder auch sich über das Gelesene austauschen zu können. Diese Aspekte haben mit der Subjektebene und der sozialen Ebene des Lesens zu tun. Um die soll es hier gehen. Genauer: Wir möchten Ihnen in diesem Abschnitt eine Möglichkeit vorstellen, die Lesekompetenz Ihrer Schülerinnen und Schüler auf der Subjektebene einzuschätzen: sogenannte Leseautobiografien.
Sie erfahren hier, wozu und wie Sie Leseautobiografien anfertigen lassen können und finden entsprechende Beispiele. Wenn Sie über die Leseautobiografien mit Ihren Schülerinnen und Schülern in den Austausch treten, gelangen Sie in den Bereich der sozialen Ebene des Lesens. Diesen Punkt deuten wir hier jedoch bloß mit Verweis auf einen möglichen Arbeitsauftrag für Kleingruppengespräche an (https://cloud.uni-jena.de/s/KkqgRFkFxmTDy3L).
Im Fokus stehen an dieser Stelle Informationen zur Anfertigung von Leseautobiografien. Da es ums Schreiben solcher Dokumente geht, verzichten wir hier bewusst auf Videodateien und bieten Ihnen Material zum Lesen.
(a) Erfahren Sie hier zunächst, was eine Leseautobiografie ist und wieso sie Aussagekraft über die Subjektebene des Lesens haben kann: https://cloud.uni-jena.de/s/MN4wRMRdwr3r3nn
(b) Hier finden Sie einen adaptierbaren Arbeitsauftrag zur Anfertigung von Leseautobiografien für Ihre Schüler und Schülerinnen: https://cloud.uni-jena.de/s/cyjwx98rtWYdygY
(c) Hier finden Sie Beispiele von Leseautobiografien: https://cloud.uni-jena.de/s/eP8kL7asBMr4Pqi
(d) Und hier erfahren Sie etwas zur Auswertung von Leseautobiografien. Schließlich gibt es dazu eine Menge Forschung, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen: https://cloud.uni-jena.de/s/iydWmJGzQMSPJWX
Vielleicht bekommen Sie nicht nur Lust, Ihre Lernenden Leseautobiografien schreiben zu lassen, sondern es auch einmal selbst auszuprobieren. Dazu wollen wir Sie im Vertiefungsteil dieses Lernfelds motivieren. Dort erfahren Sie auch, worin der Mehrwert im eigenen Schreiben solcher Leseautobiografien für Ihre Professionalisierung besteht.
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2.3 Leseleistung diagnostizieren: Das Konstrukt der Leseflüssigkeit.
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3. Vertiefung
Zur Vertiefung laden wir Sie hier ein, Ihre eigene Leseautobiografie zu erstellen. Bitte nehmen Sie sich dafür ca. eine Stunde Zeit. Sie können als Anregung die Fragen nutzen, die Sie in Abschnitt 2.2 für die Arbeit mit Ihren Schülerinnen und Schülern kennengelernt haben. Auch steht es Ihnen frei, chronologisch oder assoziativ beim Schreiben vorzugehen.
Vielleicht fragen Sie sich gerade, warum Sie diesen Schreibaufwand betreiben sollten. Wir sind überzeugt davon, dass Schreiben einer eigenen Leseautobiografie äußerst ertragreich für Ihre Professionalisierung sein kann. Was genau kann die Beschäftigung mit der eigenen Lesegeschichte als Teil Ihrer Qualifikation leisten?
- Sie können sich Ihrer eigenen Lesegeschichte zunächst einmal bewusstwerden und sie mit anderen vergleichen. So erkennen Sie allgemeine Tendenzen.
- Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der eigenen Leseautobiografie kann die unreflektierte Weitergabe eigener Normen und Gewohnheiten vermeiden helfen.
- Sie können sich den veränderten Bedingungen des Lesens zu Ihrer Zeit und der der Schüler und Schülerinnen bewusstwerden. Schließlich unterliegt unsere Medienumwelt starken Veränderungen.
- Sich an eigene Vorlieben und Abneigungen beim Lesen zu erinnern, schafft Verständnis für die kindlichen und jugendlichen Lesepräferenzen Ihrer Schülerinnen und Schüler.
- Sie schärfen grundsätzlich Ihren Blick für Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Ihrer Biografie und der der Schülerinnen und Schüler.
- Sie können sich über eigene Überzeugungen und Einstellungen bewusstwerden, die Ihr Handeln prägen - zum Beispiel Ihre Lektüreauswahlentscheidungen.
Sind Sie überzeugt? Wir wünschen viel Spaß beim Erinnern und Schreiben der eigenen Leseautobiografie!
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4. Reflexion
Sie wollen noch einmal über die Inhalte dieses Lernfelds reflektieren? Dann lohnt sich beispielsweise ein Blick auf VERA. Da Sie in der Schule mit VERA („VERgleichsArbeiten“), einer bundesweiten Erhebung des Kompetenzniveaus in den Fächern Deutsch, Mathe, Englisch und Französisch in den Klassenstufen 3, 8 und teilweise 6, zu tun haben werden, lohnt sich ein Blick auf den Kompetenztest zum Lesen. Hier finden Sie Beispielaufgaben aus den letzten Jahren. Es lässt sich gut diskutieren, inwiefern Sie diagnostischen Wert zur Bestimmung von Lesekompetenz bieten. -
5. Weiterführende Literatur zum Themenfeld "Lesekompetenz"
Hier finden Sie ein paar Aufsätze zum Thema Lesekompetenz, die Sie interessieren könnten. Die Auswahl basiert auf konkreten Anfragen innerhalb des Lernfeldes (zum Beispiel in der Reflexionsphase).
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